DNF beim IRONMAN 70.3 in Zell am See


Ich gestehe: Mit dem Bericht über den IRONMAN 70.3 habe ich mir zugegebenermaßen etwas länger Zeit gelassen. Schließlich macht es halt einfach doch mehr Spaß, euch hier über ein erfolgreiches (oder zumindest überhaupt ein) Finish zu berichten. Nichtsdestotrotz möchte ich das Erlebte natürlich mit euch teilen - und wenn ich eines in den letzen Wochen gelernt habe, dann ist es, dass es nicht immer zwingend ein "happy end" geben muss, um am Ende trotzdem positiv auf etwas zurückzublicken. Außerdem habe ich mich schon wirklich darüber gefreut, dass einige Nachrichten gekommen sind, mit der Frage, ob und wann hier ein detaillierter Bericht über den Wettkampf kommen wird. Bitteschön, hier ist er :-).


"Ups & downs" in der vorbereitung

Rückblickend war die heurige Saison sicherlich die turbulenteste und schwierigste in meiner "Triathlon-Karriere". Schon im letzten Blogartikel habe ich euch ja erzählt, dass die Vorbereitung für die Mitteldistanz in Zell am See als mein großes Saison-Ziel von einigen Herausforderungen geprägt war: Probleme mit der Schilddrüse, Gürtelrose und eine langwierige Achillessehnen-Entzündung (die leider nach wie vor nicht ganz ausgeheilt ist) sind nur drei der Gründe, warum ich in den letzten Monaten nicht nur viel Zeit bei den verschiedensten Ärzten verbracht habe, sondern schon auch immer wieder daran gezweifelt habe, ob ein Start in Zell am See überhaupt möglich sein würde. Trotzdem (oder gerade nach allen diesen Hürden und vor allem wegen den Menschen, die mir immer wieder gut zugeredet haben) wollte ich nicht aufgeben und gegen Ende lief das Training dann doch wirklich so gut, dass ich mich wirklich auf ein gutes Rennen in Zell am See gefreut habe. Dann kam die Rennwoche - und mit ihr auch eine Erkältung, die zwar nicht tragisch war, aber natürlich alles andere als optimal zu diesem Zeitpunkt. Gerade in den Tagen vor dem großen Wettkampf sollte man sich ja eigentlich gut erholen und nur noch ein paar kurze, vorwiegend lockere Trainings absolvieren. In meinem Fall musste ich das Training komplett aussetzen, schlief schlecht und versuchte tagelang verzweifelt - erst homöopathisch, dann aber auch mit Neocitran & Co - irgendwie und möglichst schnell gesund zu werden. Das klappte allerdings leider nicht wirklich. So kurz vor dem Rennen spielt natürlich auch die mentale Komponente eine große Rolle und ich war mir teilweise nicht sicher, ob ich vielleicht auch einfach nur ein bisschen "übersensibel" angesichts der größer werdenden Nervosität reagieren würde ...


Ab nach zell am see

Starten wollte ich aber natürlich auf jeden Fall und ich war auch am Freitag wirklich überzeugt, dass ich am Sonntag fit sein würde. Wer selbst schon einmal in einer ähnlichen Situation war, kann vielleicht nachvollziehen, dass es keine Option war, alles abzublasen und erst gar nicht nach Zell am See zu fahren. Am Freitagnachmittag ging es für uns (Verena, Babsi & Philipp verbrachten mit mir das ganze Wettkampf-Wochenende) bereits nach Zell am See. Ich habe schon letztes Jahr, direkt nach Bekanntgabe des Wettkampf-Termins, ein Appartement reserviert, das sich bei unserer Ankunft als noch cooler (sogar mit Infrarot-Kabine!) erwies, als angenommen. Nach der Ankunft holten wir auch gleich mal meine Startunterlagen, feuerten anschließend Babsi an, die beim 5km Night Run eine super Zeit lief, und ließen den Tag dann bei Pizza im Zentrum von Zell am See gemütlich ausklingen. Ich nutzte dann noch die Infrarot-Kabine und ging früh schlafen, um meinem Körper genug Zeit zum "gesund werden" zu geben.



Der tag vor dem rennen

Leider wachte ich aber auch am Samstag immer noch sehr verschnupft auf. Trotzdem ging es nach dem Race Briefing (bei dem wir alle wichtigen Infos zum Renngelände, den Strecken, Gefahrenstellen, Zeitplan usw. bekamen) nochmal kurz auf's Rad und in die Laufschuhe, um zumindest die "finale Aktivierung" vor dem großen Tag wie geplant zu absolvieren. Das klappte tatsächlich sehr gut und ich fühlte mich auch beim Radeln und Laufen überhaupt nicht schwach - generell rann meine Nase im Freien ohnehin deutlich weniger und weil wir dann auch den restlichen Tag großteils draußen verbrachten, dachte ich gar nicht mehr so wirklich über meine Erkältung nach, sondern konzentrierte und freute mich auf das bevorstehende Rennen. Nachdem ich mein Rad in der Wechselzone eingecheckt hatte (das passiert bei großen Bewerben immer schon am Vortag) genossen wir noch die Sonne am See, ehe ich dann abends für uns alle Nudeln kochte. Für mich ging es danach wieder in die Infrarot-Kabine und dann erneut sehr früh ins Bett, weil die Nase wieder wie verrückt rann.


Es ist soweit ...

Während ich am Vorabend noch daran gezweifelt hatte, ob ich am nächsten Tag fit genug für den Start sein würde, war ich beim Aufwachen am Sonntag überzeugt: "Ich fühle mich gut und dieses Rennen lasse ich mir nicht nehmen!" Das Wetter war ideal und weil der Start erst um kurz nach 11 Uhr war, gab es erst mal Frühstück, wir trafen die letzten Vorbereitungen und packten unsere Koffer. In der Wechselzone montierte ich noch meine Trinkflaschen am Rad und erledigte die letzten Handgriffe. Gegen 10:00 kamen dann auch meine Eltern (aus Salzburg) und Christoph & Mani (aus Schladming) an - zu meiner Überraschung hatte Babsi für alle Support-Team-Shirts bedrucken lassen ... was bei mir die eine oder andere Träne zur Folge hatte :-). Es ist alles andere als selbstverständlich für mich, dass meine Freunde und meine Eltern es sich nicht nehmen lassen, bei solchen Rennen mit dabei zu sein und mich anzufeuern und zu unterstützen. Auch für die Supporter ist so ein Tag kein Spaziergang, sondern ziemlich anstrengend ;-).



... und Los geht's!

Um 10:30 "zwängte" ich mich dann in den Neo und verabschiedete mich von den anderen. Das Wetter war nach wie vor perfekt - leicht bewölkt und nicht zu warm - und es waren auch für den Nachmittag Temperaturen von max. 25 Grad vorhergesagt, was für mich super passte, da ich meist bei viel höheren Temperaturen trainiert hatte. Im Gegensatz zu 2021, wo ich sehr weit hinten im Feld gestartet bin, stellte ich mich diesmal weiter vorne in den Startblock. Dadurch dauerte es auch gar nicht lange, bis ich das Startsignal (es wurden immer zwei Teilnehmer gleichzeitig ins Wasser gelassen - wenn man mit dem Zeitnehmungs-Chip am Fußgelenk über die Startmatte läuft, löst man die individuelle Zeitnehmung aus - erhielt. Das Schwimmen war okay, obwohl es zeitweise etwas "unruhig" war und ich den einen oder anderen Schluck Wasser nehmen musste, ausweichen musste bzw. auch ein paar Tritte abbekam. Nach exakt 40 Minuten stieg ich aus dem Wasser und lief in die Wechselzone. Nachdem ich diesmal dort nur den Neopren ausziehen musste, aber keine zusätzlichen Bekleidungsschichten bzw. Ärmlinge notwendig waren (2021 hatte es 9° C am Start), saß ich bereits wenige Minuten später am Rad.


Es läuft - bzw. Radelt!

Wer mich kennt, weiß, dass das Radfahren meine schwächste Disziplin ist. Warum ich mir dann auch diesmal wieder einen Wettkampf mit +1000hm ausgesucht habe, liegt vor allem an der traumhaften Landschaft rund um Zell am See. Die ersten 20 km bis Lend vergingen wie im Flug und schwupps, war auch schon der Anstieg in Richtung Filzensattel da. Ich fand ein gutes Tempo und trank, wie geplant und unzählige Male erprobt (mein Dank gilt an dieser Stelle Robert von AUSDAUERVUTTER!) alle acht Minuten - meine Uhr erinnerte mich brav daran - 3 Schlucke RENNSPRIT (= eine flüssige All-in-one Verpflegung). Schneller als gedacht war auch schon der letzte steile Anstieg zum Filzensattel da und wenige Minuten später war ich auch schon "ganz oben" angekommen und absolut erleichtert, den anstrengendsten Teil der Radstrecke hinter mir zu haben. Danach ging es längere Zeit bergab, wobei ich einige Plätze gutmachen konnte - die Höhenmeter im Training (bergauf und bergab!) haben sich definitiv ausgezahlt. Nach wie vor fühlte ich mich gut und war bereit für die 2. Hälfte der Radstrecke, die recht hügelig war und auf der ich 2021 ziemlich "eingegangen" bin.


auf das hoch folgte das tief ...

Nach ca. 65 Kilometern ging es einmal kurz durch Zell am See - lautstark angefeuert von meinem Support-Team an gleich mehreren Stellen - was mich auch kurz vom leichten Zwicken im Magen ablenkte, das ich zu diesem Zeitpunkt bereits spürte und das mir natürlich ein bisschen Sorgen machte. Die letzten 25 Kilometer ging es dann weiterhin hügelig nach Piesendorf und zuletzt über Kaprun wieder zurück in die Wechselzone. Die Magenkrämpfe wurden leider absolut nicht besser, weshalb ich beschloss, lieber erst mal gar nichts mehr zu trinken und auch nicht mehr durchgehend in der Aero-Position zu fahren, um den Magen etwas zu "entkrampfen". Ich hoffte einfach, dass es beim Laufen aufgrund der "aufrechteren" Oberkörperhaltung dann besser werden würde, konnte aber weiter ein wirklich gutes Tempo fahren. Dass auf den letzten fünf Kilometern der Gegenwind etwas mühsam war, nahm ich in Kauf, denn ich hatte immer noch ausreichend Kraft in den Beinen und auch der Blick auf die Uhr zeigte mir, dass ich im Vergleich zu 2021 deutlich schneller unterwegs war, was mich natürlich motivierte. Wieder in der Wechselzone angekommen, war allerdings ein Besuch im Dixiklo leider unumgänglich. Die näheren Details erspare ich euch - aber zu diesem Zeitpunkt wusste ich schon, dass das Laufen an diesem Tag wohl kein Spaß werden würde. 

 

Auf den ersten Kilometern der Laufstrecke waren alle "Supporter" verteilt, um mich anzufeuern. Aber schon nach rund 2 km wurde mir schlagartig übel, sodass ich hinter einen Baum flüchten musste. Das war dann leider auch noch ein zweites Mal der Fall und ich fühlte mich zwar alles andere als gut, wollte aber natürlich nicht so schnell aufgeben. - Immerhin war ich trotz der Umstände so weit (und das in so einer guten Zeit) gekommen! Irgendwie erinnere ich mich gar nicht mehr so genau, aber ich weiß noch, dass ich beim ersten Durchlaufen im Zentrum von Zell am See bei Christoph & Mani stehengeblieben bin und ich den beiden ziemlich verzweifelt mitgeteilt habe, dass ich "das nicht schaffen würde". Die zwei konnten mich dann aber doch soweit motivieren, dass ich es zumindest nochmals versuchen wollte und wieder weiterlief. 


... und dann ging nichts mehr.

Rund einen Kilometer später zog es mir dann allerdings sprichwörtlich "den Stecker". Aufgrund der Magenkrämpfe hatte ich keine Chance, auch nur einen Meter weiter zu laufen. Deshalb beschloss ich, erst mal zu gehen. Ich hatte keine Kraft mehr in den Beinen, hatte schon viel zu lange nichts mehr getrunken bzw. konnte das auch weiterhin nicht tun und hatte noch ganze 17 Kilometer vor mir. Die Schmerzen im Magen bzw. mittlerweile im ganzen Bauch waren enorm und auch mein Kreislauf spielte mittlerweile nicht mehr mit. Mir wurde einmal mehr bewusst, dass ich dieses Rennen nicht erfolgreich beenden würde. Zum Glück kam mir Babsi entgegen und wenige Augenblicke später lag ich auch schon am Rand der Laufstrecke. Ich war, wie ich es rückblickend beschreiben würde, "ein einziger Krampf". Natürlich kennt man als Sportler Muskelkrämpfe, aber das war dann doch eine neue Erfahrung für mich: Bei jeder winzigen Bewegung begann wieder ein anderer Muskel, komplett "zuzumachen" - die arme Babsi musste dann in der Folge ewig lang meine Beine hochhalten, weil ich sie nicht mehr bewegen konnte. Irgendjemand hatte wohl auch die Sanitäter verständigt, die mit dem Rad (die Laufstrecke verläuft abseits der Straße zwischen Bahngleis und See) zu uns kamen.


Mein erstes dnf

In der Zwischenzeit waren auch der Rest meines Support-Teams gekommen und nach einigen Versuchen, aufzustehen, war dann doch irgendwann klar, dass es nicht realistisch war, dass ich zu Fuß wegkommen würde. Am liebsten hätte ich mich in diesen Momenten einfach in Luft aufgelöst. Immer wieder blieben andere Teilnehmer bei uns stehen, die ihre Hilfe anbaten (sogar zwei Ärzte, die meinetwegen tatsächlich ihr Rennen unterbrochen hätten) bzw. die ich teilweise auch persönlich kannte, was die Situation nicht wirklich besser machte. Der Transport auf der Bahre zum Rettungsauto war dann auch eher wenig glamourös. Im Rettungszelt brachte ich dann auch noch den Arzt mit meinen "kollabierten Venen" zur Verzweiflung - drei Versuche waren nötig, bis die Nadel für die Infusion endlich drin war. Durch die lange Trinkpause und das Erbrechen war ich komplett dehydriert. Dank der Infusion ging es mir aber schlagartig besser und ich konnte auch zwischendurch schon wieder lachen (wenngleich auch einige Tränen geflossen sind).


sehr dankbar und "ein bissl gscheiter"

Ich bereue es nicht, dass ich an diesem Tag an den Start gegangen bin, sondern bin froh, es zumindest versucht zu haben. Natürlich ist es alles andere als gescheit, an den Start zu gehen, wenn man sich nicht 100% fit fühlt. Dass mein Magen ja  grundsätzlich schon meine große "Schwachstelle" ist, weiß ich - nicht umsonst haben wir monatelang am Ernährungskonzept gefeilt. Rückblickend ist es auch kein Wunder, dass mein Magen, den ich tagelang mit Medikamenten einfach komplett überstrapaziert hatte, am Renntag dann in Kombination mit der langen Anstrengung einfach nicht mehr mitgespielt hat.

 

Obwohl es natürlich weh tut, das Ziel nicht erreicht zu haben (ich hätte es mir nicht nur für mich selbst, sondern vor allem für alle, die mitgefiebert und mich unterstützt haben, wirklich gewünscht!), blicke ich auch positiv auf das Rennen und die Vorbereitungszeit zurück. Ich habe im letzten Dreivierteljahr viel über mich und meinen Körper gelernt. Vor allem habe ich aber auch gesehen, wie viel noch möglich ist und was ich mit dem richtigen Training erreichen kann - ich war am Rad ganze 18 Minuten schneller als 2021 und habe auch in der Wechselzone so viel Zeit gutgemacht, dass es (hätte, hätte, Fahrradkette - ich weiß ;-)) am Ende eine richtig gute Gesamtzeit werden hätte können.

 

In erster Linie bin ich aber nach wie vor wahnsinnig dankbar. Für den Support von Freunden und Familie, vor allem von denen, die extra für mich nach Zell am See gekommen sind (bzw. auch diejenigen, die ohnehin dort waren, aber mich vor Ort lautstark angefeuert haben). Für Babsi, die auch im Vorfeld bei ganz vielen Trainingseinheiten dabei war und mich sogar einige Male frühmorgens vor der Arbeit am Thumsee mit dem Kajak beim Schwimmen begleitet hat, anstatt etwas länger im Bett liegen zu bleiben. Und natürlich überhaupt für alle, die mich beim Training (ich hab ja erstmals ohne professionellen Trainingsplan trainiert) mit Rat und Tat unterstützt haben und auch für diejenigen, die im Vorfeld und beim Wettkampf mitgefiebert haben. Die vielen lieben und aufbauenden Nachrichten, die ich in den Tagen nach dem Wettkampf erhalten habe (auch von Menschen, die ich gar nicht persönlich kenne), machen mich nach wie vor ein bisschen sprachlos. Mein Dank gilt an dieser Stelle an dem Tourismusverband Zell am See - Kaprun für den Startplatz im Rahmen der Kooperation. 

 

Mein(e) Ziel(e) für 2024 stehen noch nicht zu 100% fest, aber es sieht wohl ganz danach aus, als würde ich das "Projekt Mitteldistanz" nochmals angehen, obwohl das eigentlich zunächst kein Thema mehr war. Ich halte euch auf dem Laufenden :-).


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Kommentare: 1
  • #1

    Babsi (Samstag, 21 Oktober 2023 09:24)

    Schön, das Wochenende nochmal Revue passieren zu lassen. Du warst so stark, es war auch für uns mega cool und emotional und ich freu mich auf alles was du 2024 vor hast!!!!!